Schichten der Schönheit

Zuerst waren da die Wolken.

Wunderschöne, wellenförmige, bezaubernde Wolkenbänder in einer Vielzahl von Blautönen. Und ich stand da und staunte. So sieht also Schönheit aus!

Als meine Seele mit den blauen Wellen am Himmel im Einklang war, wurde die Kamera zu meinem Pinsel und Leinwand, und fing den Eindruck ein, den ich tief in meinem Herzen empfand. Und dann habe ich diese Aufnahme sorgfältig ausgedruckt und gerahmt und einen guten Platz an den Wänden unseres hundertjährigen Hauses gefunden. So sieht also Schönheit aus!

Und als ich eines Morgens nach dem Aufwachen an diesem Bild vorbeiging, warf die Sonne ihre Strahlen durch die alten Fenstergläser auf das Bild an der Wand. Das Glas, das dank des alten Fourcault-Verfahrens durch Unregelmäßigkeiten verzaubert wird, setzte dem Bild eine Krone auf und hängte ihm ein edles Kleid aus leuchtenden Fäden um. So sieht also Schönheit aus!

Und dann dämmerte es mir: Der Augenblick selbst fügt immer eine weitere Ebene der Schönheit hinzu. In der Gegenwart zu weilen, wach und achtsam in diesem Moment, ist also meine Chance, eine weitere Schicht der Schönheit in meinem Leben zu entdecken.

Ein Bild einer lange zurückliegenden Erfahrung, das seit einem Jahrzehnt an dieser hundertdreizehn Jahre alten Wand hängt und an dem ich schon unzählige Male vorbeigegangen bin. Und genau in diesem Moment, als ich langsamer wurde, als ich wirklich wach und präsent war, war sie da – eine weitere Ebene der Schönheit, die direkt vor mir lag. So sieht also Schönheit aus!


First there were clouds.

Beautiful, undulating, enchanting cloud bands in a myriad of shades of blue. And I was standing there in awe. So this is how beauty looks!

Once my soul was in reverberation with the blue waves in the sky, a camera was my brush and canvas to capture the impression I felt deep in my heart. And then I carefully printed and framed that shot and found a good place on the walls of my century old house. So this is how beauty looks!

And after waking up one morning, I walked past this picture and the sun threw her rays through the old window glasses onto the picture on the wall. The glass, vivified by magical irregularity thanks to the old Fourcault process, put a crown on the picture and hung a noble dress of luminous threads around it. So this is how beauty looks!

And then it dawned on me: the very moment always adds one more layer of beauty. So being in the present, being awake and mindful in the moment right now, is my chance to discover one more layer of beauty in my life.

An image of a long ago experience, hanging on that century old wall since a decade, me having walked past this scene for countless times. And at that very moment, when I slowed down, when I really was awake and present, there it was — yet another layer of beauty added right in front of me. So this is how beauty looks!

Ikarus and Daedalus

Ikarus und Dädalus entfliehen aus dem Labyrinth des Minotaurus…

In dem Mythos von Ikarus und Dädalus entdecke ich zwei Träumer: Dädalus, dessen Traum von der Flucht über die grenzenlosen Weiten des Himmels erst ermöglichte, dass die beiden überhaupt mit Flügeln sich aus der Gefangenschaft befreien konnten und Ikarus, dessen Traum vom unbegrenzten Fliegen ihn in die Nähe der Sonne brachte und ihm das Leben kostete. Während der Sturz des Ikarus als Strafe für die fehlende Demut in aller Munde ist, wird unterschlagen, was in meinen Augen noch viel essenzieller ist in dieser Geschichte:

Träumen ist unsere transformativste Kraft. Sie ermöglicht all das, was vor dem Traum unmöglich schien. Sie ist der Kern der Entwicklung. Wenn es eine Schöpfungskraft gibt, dann muss das die reinste Form des Träumens sein.

“Hör auf zu träumen und arbeite. Ach du Träumer. Lass das Träumen und sei realistisch.” Wie viele Wege wir erfunden haben, diese Kraft zu bändigen, zu ermüden, zu ersticken.

Dabei Opfern wir der Angst vor dem Absturz die Chance auf die Befreiung aus dem Labyrinth. Damit Ikarus nie in Gefahr kommen kann abzustürzen, lassen wir Dädalus und mit ihm auch Ikarus im Gefängnis des Realismus verkümmern.

Heute ist ein guter Tag zum Träumen. Jetzt ist ein guter Moment zum Träumen. Die grenzenlose Freiheit des Himmels lächelt uns zu.


Icarus and Daedalus escape from the labyrinth of the Minotaur…

In the myth of Icarus and Daedalus I discover two dreamers: Daedalus, whose dream of flight across the boundless expanses of the sky made it possible for the two of them to free themselves from captivity with wings in the first place, and Icarus, whose dream of unlimited flight brought him close to the sun and cost him his life. While everyone is talking about the fall of Icarus as a punishment for the lack of humility, what is even more essential in this story, in my eyes, is being suppressed:

Dreaming is our most transformative power. It makes possible everything that seemed impossible before the dream. It is the core of development. If there is a creative power, it must be the purest form of dreaming.

“Stop dreaming and work. Oh you dreamer. Stop dreaming and be realistic.” How many ways we have invented to tame, to tire, to stifle that power.

In the process, we sacrifice to the fear of falling the chance of release from the labyrinth. So that Icarus can never be in danger of falling, we let Daedalus, and with him Icarus, wither away in the prison of realism.

Today is a good day for dreaming. Now is a good moment to dream. The boundless freedom of the sky smiles at us.

Desire

I long for your touch like I’m the leaf
awaiting the soft morning dew or the sand
for the ocean waves.
When you touch my body
my heart is rewritten


(excerpt from a poem by averylia)

Von weitem besehen ist es nur eine von vielen Wickenblüten. Von weitem besehen, ist es nur eines von vielen Bedürfnissen. Wage ich die Nähe, nehme ich mir die Zeit, offenbart sich mir die Bedeutung und die vieldimensionale Intensität von “Desire”… Begehren, Wunsch, Verlangen, Appetit, Sehnen, Durst… “Ich sehne mich nach Berührung, als wäre ich ein Blatt
das auf den sanften Morgentau wartet…
” welch schönes Wortbild zu diesem Bild und nicht ganz zufällig auch einer der Gedankenkeime die im Buch “50 shades of growth” Platz gefunden haben. Mögen wir alle immer wieder berührt werden…


From a distance, it is just one of many vetch flowers. Seen from afar, it is only one of many needs. If I dare to get close to it, if I take the time, the meaning and the multi-dimensional intensity of “Desire” reveals itself to me… Desire, craving, appetite, yearning, thirst…. “I long to be touched, as if I were a leaf waiting for the gentle morning dew…” what a beautiful metaphor for this image and not entirely coincidentally also one of the thought germs that found a place in the book “50 shades of growth“. May we all be touched again and again…

Secluded world

Anhalten. Einhalten. Aufhören auszuhalten… um mit allen Sinnen zu bemerken, wie laut und hektisch das Leben gerade ist. Durchlässig werden, sich fluten lassen von der stillen Rhythmik der Lichter, sich wiegen lassen von den Formen der sanften Hügel, Teil werden mit der Welt die vor mir liegt. Ich mag verweilen in dieser Szene und je länger ich wirklich schaue, umso ruhiger wird der Atem und der Gedankenfluss.


Stop. Adhere. Cease holding on… to notice with all your senses how loud and hectic life is right now. To become permeable, to let myself be flooded by the quiet rhythm of the lights, to let myself be swayed by the shapes of the gentle hills, to become part of the world that lies before me. I like to linger in this scene and the longer I really look, the calmer my breath and the flow of my thoughts become.

Head in the clouds

Bodenhaftung, Standfestigkeit, Stabilität, Verwurzelung sind die Basis für Sicherheit. Sind sie das? Ich habe den Kopf dem Himmel zu gereckt und in dem Rhythmus der Wolken und dem Raum zwischen ihnen, dem Kommen und Gehen, dem Werden und Vergehen eine andere Stabilität und zeitlose Zuverlässigkeit gesehen. Vielleicht ist das der Grund, warum die Bäume Wurzeln in den Boden und die Krone in den Himmel strecken…


Grounding, stability, rootedness are the basis for security. Are they? I have stretched my head towards the sky and seen in the rhythm of the clouds and the space between them, the coming and going, the becoming and passing away, another stability and timeless reliability. Perhaps that is why the trees stretch roots into the ground and the crown into the sky…

PS: und jetzt finde ich neben den Spuren von Noël auch die von dir, Toni… 🖤